Dark Pattern – die dunkle Seite der Usability

In diesem Artikel untersuchen wir Dark Pattern. Das sind ganz unterschiedliche UX-Design-Methoden, die in der Webentwicklung und App-Entwicklung eingesetzt werden, um User zu Handlungen zu verleiten und Aktionen durchzuführen, die sie eigentlich gar nicht beabsichtigt hatten.

Themenübersicht

Dark Pattern spielen mit Ängsten

Herr K. muss zu einem Firmentermin reisen. Zuerst will er einen Flug buchen. Ein Freund hat da was von einer günstigen Seite im Netz erzählt, und es stimmt, der Preis ist wirklich verlockend niedrig.

Gleichzeitig poppt da der Hinweis auf, dass Herr K. eine Reiserücktrittsversicherung dazu buchen könnte. Weil sonst der Flug bei Nichtantritt nicht erstattet werden würde – und das kann schnell passieren … (Dabei ist der Flug so billig, dass sich das eigentlich gar nicht lohnen würde.)

Dark Pattern spielen schon hier mit Ängsten und setzen den User mit Terminvorgaben unter Druck. Alles muss schnell gehen. Es sind nur noch zwei Plätze frei. Da hat Herr K. aber wirklich Glück gehabt.

Dann sucht Herr K. auf der Seite noch nach einem Mietwagen. Er findet einen, bucht ihn, entdeckt aber plötzlich einen sehr viel teureren Wagen, der in seinem Einkaufskorb gelandet ist – und: Der ist plötzlich mit dem Flug gekoppelt! Storniert er nun den teuren Wagen, würde auch der Flug plötzlich sehr viel teurer werden.

Bei Dark Pattern sollst du nicht zum Nachdenken kommen.

Die Herkunft der Dark Pattern

Dark Pattern sind überwiegend UI-Elemente und auch technische Tricks, die darauf spekulieren, dass unsere Kaufabsichten selten völlig von unserer Ratio geleitet werden.

Natürlich gehen wir in ein Kaufhaus mit dem Ziel, eine Hose zu kaufen. Doch womit verlassen wir es wieder? Rutschen da nicht manchmal unbemerkt, nebenbei und unbewusst, ganz andere Gegenstände in die Einkaufstüte hinein? Dazwischen liegen emotionale Entscheidungen und konditionierte Reaktionen des Käufers.

Dark Pattern nutzen nun genau dieses emotionale und konditionierte Verhalten von Menschen. Allerdings nicht im Kaufhaus, sondern im Netz.

Wer macht denn sowas?

Dark Pattern werden dabei von Motion Designern, UX-Designern, SEOs und Website-Betreibern kreiert, um Nutzer und deren User-Story zu beeinflussen oder sogar zu behindern.

In ein Dark Pattern kommen die User sehr leicht rein, aber sehr schwer wieder heraus. Deshalb werden sie gerne als ‚Bad Design‘ oder sogar als ‚Evil Design‘ bezeichnet. Ein richtig gut gemachter Dark Pattern lässt in der Regel kein ‚Nein‘ zu.

Verbot oder Medienkompetenz

Irgendwie klingt dieser Teil des E-Commerces unseriös. Sagen wir es so: Dark Pattern liegen meist in einer schwer fassbaren und rechtlichen Grauzone und einige sind im Sinne des Konsumentenschutzes gesetzlich verboten. Zu Recht, denn sie sind wirklich, so clever sie auch mit den Grenzen spielen, unethisch, unlauter und auch manchmal betrügerisch.

Dazu müssen wir aber auch sagen: Das von der Bundesregierung immer mal wieder angesprochene Schulfach Medienkompetenz kommt ebenfalls nicht voran. Aus welchem Grund auch immer.

Den Verbrauchern wird es aktuell noch selbst überlassen, schlecht informiert in clever gestellte Abofallen o. Ä. zu tappen und sich so von geschickt aufgestellten Dark Pattern und ihren Usability-Experten „führen und verführen“ zu lassen.

Dark Pattern Illustration von einer Glühbirne, Warnschild und Mobiltelefon

Zehn Wege, um deinen Kunden geschickt zu manipulieren

Die folgende Liste enthält 10 der bekanntesten und am meisten genutzten Dark Pattern.

Überleg doch mal, welche eventuell verboten sein könnten! Unten lösen wir auf. Du darfst wirklich sehr gespannt sein, was geht und was nicht!

Illustration Dark-Pattern trickfragen Lupe mit Uhr
Trick Question (Trickfragen)

Dieses Pattern baut darauf, dass wir Texte im Netz eher scannen als richtig lesen. Mit einer (suggestiven) Frage wird der User dazu gebracht, ganz anders zu antworten, als er das bei einer genaueren Lektüre getan hätte. Oder wie Brecht sagen würde: „Geldleute lesen gründlicher als Bücherliebhaber. Sie wissen besser, was für Nachteile aus flüchtiger Lektüre entstehen“ (aus „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“, Bertolt Brecht, 1943).

Illustration Dark Pattern Warenkorb Infografik sneak into basket
Sneak into Basket (in den Warenkorb schleichen)

Ein Produkt wird von der Applikation einfach selbstständig mit in den Einkaufswagen gelegt. Wie das geht? Der User hat eine Opt-out-Möglichkeit nicht gedrückt.

Illustration Dark Pattern Privatsphäre Infografik privacy zuckering
Privacy Zuckering (Privatsphäre à la Zuckerberg)

Benannt nach dem Facebook-CEO Mark Zuckerberg ist diese Methode genau das, wonach es klingt: User geben durch eine sehr verwirrende Privatsphären-Einstellung wesentlich mehr persönliche Daten frei, als sie möchten.

Illustration Dark Pattern Eurostück Infografik Price comparison
Price Comparison Prevention (Preisvergleich-Verhinderung)

Das ist die sneaky Methode, den Preis eines Produktes zu verstecken. Damit wird dem User die Möglichkeit genommen, einen effektiven Preisvergleich zu haben.

Illustration Dark Pattern Ablenkung Infografik misdirection
Misdirection (Ablenkung)

Dabei wird die Aufmerksamkeit des Users absichtlich auf eine Sache gelenkt, damit er eine andere nicht bemerkt.

Illustration Dark Pattern Euro in Bonbonpapier Infografik hidden cost
Hidden Cost (versteckte Kosten)

Alles bestellt und gut sortiert im digitalen Einkaufswagen? – Super. Jetzt kommen auf einmal Kosten dazu, die nie ein Thema waren: Versand, Steuern etc.

Illustration Dark Pattern Abrechnung Infografik bait switch
Bait and Switch (ködern und wechseln)

Eigentlich möchtest du nur kurz das Produkt genauer betrachten, plötzlich sagt die Seite ‚Danke!‘ und möchte, dass du morgen zu Hause bist, weil die Ware dann kommt. Mit dem letzten Klick-Vorgang hast du den Kauf abgeschlossen.

Illustration Dark Pattern Maske als versteckte Werbung Infografik Disguised Ads
Disguised Ads (getarnte Werbung)

Eine Seite spiegelt ihren Nutzern Werbung als Inhalte oder sogar Navigationsführung vor.

Illustration Dark Pattern Sanduhr mit einem Eurozeichen Infografik Forced Continuity
Forced Continuity (erzwungene Fortsetzung)

Bei diesem Dark Pattern werden zeitlich begrenzte und unentgeltliche Abos, für die ein User jedoch seine Zahlungsdaten eingeben muss, nach Ablauf einfach weitergeführt. Es gibt keinerlei Erinnerung zur Befristung oder Ähnliches.

Illustration Dark Pattern Brief mit einem Totenkopf Infografik Friend spam
Friend Spam (gar nicht freundlich: Spam an Freunde)

Webseiten und Apps fragen einen Zugriff auf Social-Media-Accounts und E-Mails des Users unter falscher Prämisse an und nutzen diesen dann, um unbemerkt Freunde mit Werbenachrichten zu spammen.

Dark Pattern in Action. You got Pwned

Gut, vielleicht bist du jetzt wirklich gespannt, welche der oben genannten Dark Pattern gesetzlich verboten sind – aber weißt du was? Unser Ziel war es, dass du den Text liest, und das haben wir erreicht. Dieses Ziel war ein Dark Pattern für dich.

Du fühlst dich vielleicht jetzt nicht so gut? Richtig! Genau so, genau so funktionieren Dark Pattern.

Illustration Dark Pattern in Action als Giftflasche, die auskippt Infografik

Dark Pattern: Wenn die Anwendung extra langsam wird

Das sind ziemlich offensichtliche und bekannte Dark Pattern. Aber einige Experten gehen in der Definition weiter. Sie deuten etwa den Secure-your-Account-Ladebalken von Facebook als Dark Pattern. Im Prinzip stünden die Informationen nämlich viel schneller zur Verfügung, doch die User würden das nicht glauben.

Es wäre wie in einem Restaurant: Wenn das Essen nach einer Minute käme, würden die Besucher stutzig werden. Nur um vertrauenswürdig zu erscheinen, würden deshalb Webentwickler artifiziell Waiting Pattern in Form eines Ladebalkens/Progress Bar nutzen.

Gut, vielleicht ist das psychologisch nachvollziehbar. Vielleicht ist es aber auch nur die Zeit, die durch diese Form der Dark Pattern bei Milliarden von Nutzern sich schnell auszahlt und für einen Nutzer wie Facebook interessant macht.

Hand in Hand: Fake News als Dark Pattern

Doch nicht nur bei Usern erregen Dark Pattern Aufmerksamkeit. Auch politisch werden sie benutzt. Dabei werden die Verfahren sukzessive erweitert, etwa wenn Nachrichtenseiten wissentlich und bewusst falsche Trump-Nachrichten produzieren, um dadurch vermögende amerikanische Firmen dazu zu bringen, auf ihren Seiten zu inserieren. Den Schaden, den die Demokratie durch solche Dark Pattern nimmt, scheint tiefergehender und wesentlich zersetzender zu sein, als ein eventuell falsch abgeschlossenes Abo.

Solche Dark Pattern sind meilenweit entfernt von den oben genannten und tendenziell eher bodenständigen Dark Pattern, weil sie in dieser Form unsere Demokratie untergraben.

Fast Dark Pattern: Slow Business

Für einige Firmen ist Dark Pattern eine Methode, Produkte zu verkaufen. Da ist zum einen der digitale Pop-up-Store, der den User mit schnellen und günstigen Preisen lockt und dabei nur auf schnellen Profit aus ist. In der Woche darauf firmiert er schon wieder unter einem neuen Namen und ist demnach nicht mehr zu erreichen. – Pech gehabt!

Aber auch Microsoft hat Dark Pattern schon genutzt. User haben weitergehende Dark-Pattern-Entwicklungen auch bei Skype, Facebook, Amazon, Uber und Office Depot gefunden.

Egal wer sie benutzt: Solide und feste Kundenbindungen sind mit Dark Pattern kaum bis gar nicht zu erreichen. Der Schaden ist nur schwer wieder gutzumachen. Ein User kauft nur einmal auf einer Website, die Dark Pattern einsetzt, wenn er überhaupt dort kauft. Danach wird er auf eine Seite der Konkurrenz gehen, weil er bei seinem ersten Kauf betrogen wurde.

Wir raten stark davon ab, Dark Pattern bei der Webentwicklung oder App-Entwicklung zu nutzen, da sie am Ende allen nur schaden.

Illustration Dark Pattern Insight Achtung-Schild als Infografik zum Badge und Fazit
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